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| Wege im Park |
Von unserer Ferienwohnung in Oranienbaum ist es nicht weit bis nach Wörlitz. Der Ort liegt etwa 15 Kilometer östlich von Dessau-Roßlau, im Biosphärenreservat Mittelelbe. Heute gehört er zur Stadt Oranienbaum-Wörlitz. Mit rund 1.500 Einwohnern wirkt Wörlitz auf den ersten Blick beschaulich, doch seine Bedeutung ist groß und das lockt zahlreiche Besucher an. Er ist das Herzstück des berühmten Gartenreichs Dessau-Wörlitz, das im Jahr 2000 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurde.
Wörlitz entstand im Mittelalter als kleines Elb- und Handwerkerdorf, erhielt aber im 18. Jahrhundert durch Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau ein völlig neues Gesicht. Der aufgeklärte Fürst ließ hier ein revolutionäres Landschaftsgartenensemble schaffen, das Natur, Kunst, Architektur und Pädagogik miteinander verband. Inspiriert wurde er von englischen Landschaftsgärten, italienischer Baukunst und den Ideen der Aufklärung.
Der Ort ist heute ein touristisches Zentrum, das jedes Jahr Zehntausende Besucher anzieht, hat sich aber dennoch seinen historischen Charakter bewahrt. Wir haben im Zentrum geparkt und sind zuerst etwas durch die Gassen geschlendert. Hier findet man kleine Pensionen, Cafés und viel Kopfsteinpflaster rund um den Marktplatz.
Die evangelische St.-Petri-Kirche ragt hoch aus dem historischen Ortskern von Wörlitz, unweit des Marktplatzes und des Schlossparks gelegen. Ein protestantischer Zentralbau im Stil des Klassizismus, sie gilt als eine der frühesten klassizistischen Kirchen Deutschlands. So ist diese Kirche nicht nur ein geistliches Zentrum, sondern auch ein architektonisches Symbol für die Ideen der Aufklärung, wie sie Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau im gesamten Gartenreich verwirklichte.
Das Haus der Fürstin wurde um 1789 errichtet und diente Fürstin Louise als persönlicher Rückzugsort. Mit dem Küchengebäude, dem Marstall, dem Haus der Fürstin und der Stadtkirche St. Petri wurde hier einer der ersten städtebaulichen Räume Deutschlands im neugotischen Baustil konzipiert.
Ihr Architekt, Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, hat auch Schloss Wörlitz entworfen – das erste klassizistische Schloss auf dem europäischen Kontinent. Es wurde im Jahr 1773 vollendet und diente als Wohnsitz und Anschauungsobjekt für Architektur und Bildung. Innenräume mit originalem Mobiliar zeigen eindrucksvoll das Leben im Zeitalter der Aufklärung. Die Innenräume sind mit Originalmöbeln, Wandmalereien und Kunstwerken aus der Zeit ausgestattet. Wir waren aber nicht drin, denn das Wetter war zu schön, und wir sind lieber über drei Stunden durch den angrenzenden Park gelaufen.
Wer mit dem Fahrrad hierher kommt, kann an einigen Stellen die Räder in abschließbaren Boxen unterstellen. Scheinbar haben das einige Besucher nicht verstanden oder konnten die Schilder an den Eingängen nicht lesen, aber wenigstens wurden die schweren E-Bikes geschoben oder mühsam über steile Brücken mit Stufen hinüber gehoben.
Der Park ist frei zugänglich und wurde so konzipiert, dass er schon damals allen Menschen und nicht nur dem Adel offenstehen sollte. Damit setzte der Fürst ein frühes Zeichen für Bildung und Freiheit im Geiste der Aufklärung. Im Laufe der Zeit ist er zu einem Pilgerziel und zum Vorbild für viele weitere Landschaftsgärten geworden. Heute zahlt man Eintritt, wenn man sich einige der Gebäude von innen ansehen möchte.
Wer nicht so gut zu Fuß ist, kann heute – wie im 18. Jahrhundert – durch den Park gleiten: Es werden Gondelfahrten auf den Kanälen angeboten. Allerdings waren die seitlichen Kanäle bei unserem Besuch im Spätsommer nicht mehr tief genug, und die Boote schipperten nur auf dem Hauptsee herum. Es gibt einige Fähren, mit denen man die Strecke rund um den See abkürzen kann, aber auch von diesen verkehrten nicht alle.
Mit den landschaftlichen Veränderungen am Wörlitzer See wurde 1765 begonnen, kurz nachdem die Reisegesellschaft um Fürst Franz von einer ersten Englandreise zurückgekehrt war. Vom Schlossgarten ausgehend entwickelten der Fürst, sein Freund und Berater von Erdmannsdorff sowie die beteiligten Gärtner Neumark, Eyserbeck und Schoch in einem Zeitraum von 35 Jahren den ersten bedeutenden Landschaftsgarten auf dem europäischen Kontinent. Viele exotische Baumarten wurden hier gepflanzt, um botanisches Wissen zu fördern.
Dank umfangreicher Restaurierungsarbeiten hat der über 100 Hektar große, mit Teichen, Inseln, Brücken, Spazierwegen, Wiesen, Baumgruppen, Aussichtspunkten und Sichtachsen ausgestattete Wörlitzer Park bis heute nichts von seiner Schönheit und Anziehungskraft eingebüßt. Überall findet man begehbare Höhlen, Häuser und Figuren. Wer sie alle sehen will, sollte gut zu Fuß sein. Über 60 Brücken aus Stein, Holz und Gusseisen verbinden die Inseln und Uferwege und dabei ist jede Brücke individuell gestaltet.
Das Gotische Haus ist eine Mischung aus Museum, Wohnhaus und Bibliothek. Es enthält eine bedeutende Sammlung italienischer und englischer Kunstwerke, Reiseandenken und archäologischer Objekte. Anfangs war das Gotische Haus als Wohnung für den Hofgärtner Schoch vorgesehen. Ab 1785 wurde es zunehmend für die Wohnzwecke des Fürsten und späteren Herzogs Franz, insbesondere aber für seine verschiedenen Kunstsammlungen, ausgebaut.
Die Synagoge von 1790, erbaut auf einer kleinen Insel im See, ist Ausdruck religiöser Toleranz im Gartenreich. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie beschädigt, später aber originalgetreu restauriert.
Statt geometrisch-strenger Barockformen herrschen hier natürliche Landschaftsbilder, sanfte Hügel, Teiche, Inseln und Sichtachsen vor. Jede Brücke, jedes Bauwerk, jeder Baum wurde bewusst als Teil einer moralischen und ästhetischen Erziehung geplant. Schön fanden wir auch die Roseninsel und den Floratempel. Hier haben wir auf einer Bank im Schatten eine Pause gemacht und dabei Schmetterlinge und Taubenschwänzchen in den schönen Blumenbeeten beobachtet.
Vom Venustempel im Wörlitzer See hat man einen der schönsten Blicke auf das Schloss und die Parklandschaft. Darunter erstrecken sich Höhlen und enge Tunnels durch die Felsen. Es gibt natürlich auch ein klassizistisches Pantheon, die Nachbildung des römischen Tempels.
Auf der Insel Stein im östlichen Ausläufer des Wörlitzer Sees steht ein künstlicher Berg aus Vulkangestein, der 1788–1794 errichtet wurde. Er beinhaltet Grotten, ein Amphitheater, Tempel, Treppenwege und einen Aussichtspunkt. Der künstliche Vulkan konnte früher mit Feuerwerksmechanik zum Ausbruch gebracht werden, sicher ein Höhepunkt höfischer Feste. Zu besonderen Anlässen werden heute immer noch künstliche Eruptionen inszeniert. Sie gehören zu den größten Attraktionen im Gartenreich und sind, von einer Gondel oder vom Ufer aus betrachtet, ein echter Publikumsmagnet.
Mehr Gartenreiche wie Georgium, Mosigkau und Luisium findet Ihr auf der Seite Schlösser und Gärten.
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